Arrrgh! Gott! Am liebsten wollte ich hier nur noch weg, aber das war auch nicht der richtige Weg. Selbst Alice so anzugehen war nicht richtig, aber was sollte ich machen?! Ihre Worte trafen mitten in mein Herz und auch wenn dieses nicht mehr schlägt so fühlt es nach wie vor. Sonst würde ich wohl nicht so gereizt auf diese Worte reagieren, die sie mir gepflegt an den Kopf warf. Ich hatte den Blick nach wie vor auf Alice gerichtet und atmete tief ein in der Hoffnung es würde mich beruhigen. Wie leistungsstark es war, konnte ich nicht sagen, aber es reichte erstmal aus um mich langsam von meinem hohen Posten runterzuholen. Kurz nur schaute ich zu Jasper. ich sah ihm deutlich an, dass ihm die ganzen Ausmaße und die Gefühle zu viel waren und doch versuchte er dem stand zu halten. Musste er nicht! Brauchte er nicht! Dazu nötigte ich ihn nicht. Und doch blieb er im Raum, versuchte sich der Situation zu fügen. Und ich?! Ich richtete meinen Blick von ihm auf Lucia und dann auf Alice. Es war alles gerade nicht perfekt! Gar nichts war perfekt! Mein gesamtes leben schien gerade den Bach runter zu gehen und das nur weil meine Tochter mich gefunden hatte! Herzlichen Glückwunsch! Ich wusste nicht wie ich das alles verhindern sollte, denn würde ich mich nicht einfach ihren Worten fügen wollen. Nicht einfach so, wo so viel auf dem Spiel stand. Ich seufzte theatralisch auf und zog die Brauen zusammen. Fairness oder nicht...so wie sie mit mir sprach, war es erst recht nicht fair! Das wusste sie selber nur zu gut und trotzdem ging sie mich so an, als sei ich der Idiot! Vielleicht war ich das auch! Vielleicht hätte ich Lucia ziehen lassen sollen, sie einfach vergessen. Wenn das so einfach wäre, dann würde sich wohl Jesus in seinem Grabe drehen. "Ich kenne sie so gut, um zu wissen, dass ich richtig entschieden habe!" zumindest ließ ich mich selber in dem Glauben stehen. Alice gab mir da ein anderes Gefühl, welches ich nicht zu kontrollieren wusste. Es schmerzte. Es schmerzte nicht nur in meinem herzen, sondern im ganzen Körper. Ich wollte bestimmt nicht mit ihr streiten, aber sie kochte meine Gefühle so schnell hoch, dass ich in Rage geriet und sie nur auf diese Weise 'abzuspeisen' wusste. "Alice...." kam es nun leise und doch irgendwie reumütig über meine Lippen. "Ob sie stark genug dafür ist, mag ich nicht zu sagen, denn weiß ich selber nicht, ob ich dem gewachsen bin!" Ich wusste es nicht. ich vermochte es auch nicht zu sagen, denn sollte meine Frau das selber entscheiden. Wie stark sie war oder nicht - sie würde die Lösung für sich finden die sie als richtig erachtet. Da redete ich ihr bestimmt nicht rein. Da war ich der Letzte der dies tat. Diesen freien Willen ließ ich ihr immerzu.
Als sie anfing von Fairness zu sprechen runzelte ich die Stirn. "Ist es in deinen Augen fair mich oder Lucia auf diese Art und Weise zu verurteilen?!" fragte ich nun, nach wie vor mit ernst in der Stimme. Ich hörte wie sie mich mit Namen ansprach. Das tat sie sonst nie?! Hatte ich es nun soweit geschafft, dass sie mich Carlisle nennen musste?! Tatsächlich! Das wollte ich bestimmt nicht. Doch wie sollte ich mich selber kontrollieren, wenn jegliche Gefühle auf mich einströmten. Da fühlte ich mich beinahe wie Jasper. "Eine so glorreiche 'Erziehung' hast du als genossen!" Wow. Das gab mir nun den Rest. Auf einer gewissen Art zeigte es mir nur wie falsch ich wohl als 'Vaterrolle' gehandelt haben musste. Vielleicht auch versagt. Ich atmete tief ein und aus. Unnötig oder nicht, es beruhigte mich irgendwie. Wir taten uns hier gerade selber keinen Gefallen indem wir uns maßlos stritten und doch schien dem kein Ende gesetzt werden zu können. Ich atmete immer noch tief ein und aus, lauschte Alice ihren Worten. Ich schüttelte kaum merklich den Kopf. "Ich denke...es ist genug!" Damit meinte ich nicht nur Alice. Oder mich. Oder Lucia. Damit waren gleich alle gemeint, egal ob beteiligt oder nicht. Wir setzten uns hier einer Situation aus die allen schaden würde und das war wohl das allerletzte was wir wollten. Das Alice sich meiner Ansicht so einfach fügte war mir kein gutes Zeichen. Ich seufzte auf. "Ich will dir deine Meinung nicht schlecht reden Alice..." fing ich an, aber gut...ignoriert zu werden ist auch eine Strafe mit der ich mich abfinden konnte. Ich schaute ihr nach, da sie unwillentlich das Haus verließ. Dam dam dam. Damit war es also geschafft! Ich hetzte nun schon die gesamte Familie aufeinander los. Ich merkte es zwischen Lucia und Alice. Wie die beiden sich angingen..das war schon zu viel für mich. "Lucia!" versuchte ich nun auch sie zu stoppen. Das kleine bisschen Vernunft welches in mir noch nicht benebelt schien, sprach aus mir heraus. "Lucia...es reicht jetzt! Bitte!" Ein Wort welches die ganze Zeit über nicht einmal meine Lippen verlassen hatte. "Die Gesamtsituation ist schon schwer genug..." einen Familienstreit dann noch zu bewerkstelligen würde ich nicht schaffen. Daran würde ich wohl zu Grunde gehen. Meine Hand ruhte immer noch auf Lucias Rücken. Die Lichter erloschen, das Zimmer in minimale Dunkelheit gehüllt stieg mir ein Geruch in die Nase der mich tief einatmen ließ und mir schlagartig den Atem nahm. Sie war hier! Nicht direkt hier aber im Garten. Ich konnte ihre Schritte hören! Jeden Schritt den sie tat und sie sich nur kurz darauf niederließ. In mir zog sich gerade alles zusammen. Ich hatte nicht daran gezweifelt dass sie den Weg wieder nach Hause finden würde. Keine Minute lang, so wie Alice es tat, aber das sie nun wirklich hier war....wie viel hatte sie mitbekommen?! Alles? Nur einen Bruchteil? Wahrscheinlich genug um mir dies auch noch vorzuhalten, warum ich mich hab so gehen lassen. Ich rieb mir die Stirn und spürte schon wie die Verzweiflung in mir aufstieg. Ich wusste nicht ob es nun richtig sein würde meinen Weg in den Garten zu setzen. Würde sie mir nun in die Augen schauen können?! Und was war mit Alice?! Fragen über Fragen und keine Antwort. Ich schaute zu Lucia bei ihren Worten. Was bedeutete das nun für mich?! Für uns? Musste ich mir Gedanken machen? "Du..ich meine...du kommst alleine klar, das glaube ich dir!" Daran zweifelte ich nicht, schließlich hatte sie es die letzten Jahre auch geschafft. "Aber du gehst nicht einfach?!" sprach ich meine Bedenken, meine Sorgen nun aus. Das war bestimmt das Letzte was ich nun wollte - das MEINE Tochter einfach verschwand und ich sie nicht finden würde. Nunmehr wollte ich ihren Worten aber auch Gefolge leisten und ging mit mehr oder weniger schlechtem Gewissen aus dem Haus in den Garten.